Essen im Reich des Bösen

Auf der Karte von Vientiane fand ich ein Restaurant mit dem Namen „Pyongyang“. Laut Internet sei es ein nordkoreanisches und die wenigen Kommentare waren durchmischt. Neugierig ging ich es ausprobieren - auch wenn ich damit wohl das Handelsembargo untergrabe.

Mein ursprünglicher Verdacht, dass es gar nicht authentisch sei, verflüchtigte sich bereits auf der Türschwelle: Das war genau so, wie ich mir Nordkorea vorstellte! Leider waren überall kleine, aber gut sichtbare Fotographieverbote aufgeklebt. Und naja - ein Restaurant eines totalitären Regimes in einem Land, das auch nicht für Meinungsfreiheit bekannt ist - ich hielt es für besser, mich daran zu halten. Somit gibt‘s halt nur Beschreibung:

Es waren nur zwei Koreaner als Gäste im Lokal, sie schauten aber eher nach Provinzbeamte denn als innerer Kreis von Kim Jong-un aus. Somit hatten die zwei Angestellte genug Zeit für mich. Beide bildhübsch, in einer Uniform aus schwarzem Rock, weisser Bluse und hohen Absatzschuhen. Sie sprachen kaum (wir verständigten uns durch Zeigen). Eine lächelte jeweils ganz kurz zurück - das fällt in Laos wohl mehr auf als in der Schweiz, da sich hier eigentlich ständig alle anlächeln. Die andere lächelte gar nicht, wirkte auch abwesend und irgendwie traurig. Meist stand sie in einer Art Achtungsstellung neben der Tür.

Von aussen ist das Restaurant unscheinbar, innen ist man in einer anderen Welt

Der Raum war geprägt von langen Tischen mit schweren Holzstühlen. Ich sass an einem kleinen Tisch mit einem Bild einer Orchidee, die tatsächlich von Hand ausgeschnitten war. So wirkte der ganze Raum: Eigentlich aufwändig und durchdacht eingerichtet, aber absolut nicht auf dem Niveau westlicher Restaurants. Die Wände waren geschmückt mit Efeu, denen man aber den Plastik von weitem ansah. Die eine Wand war gefüllt mit kitschigen Winterbildern aus Nordkorea, in schweren aber leicht beschädigten Goldrahmen. Vorne war eine Bühne für Musik aufgebaut. Sie war nicht in Betrieb, dafür lief der Fernseher mit einer Konzertübertragung pompöser Militärmusik.

Das Werbeschild draussen schaut noch fröhlich aus

Die Einrichtung wirkte wie aus den 80er Jahren, wobei die - nicht betriebene - Kühltruhe und die Bartheke auch aus den 30er stammen könnten. Die Stimmung war, sagen wir mal, verhalten. Es war aber ein sehr eindrückliches Erlebnis für mich, ich fühlte mich eigentlich die ganze Zeit wie in einem Museum oder einem VR-Game.

Das Essen war übrigens vorzüglich.


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Fotos und Souveniers

Die 30-Millionen-Stadt

Charleston, South Carolina